Als ich nach Jahrzehnten im Ausland zum ersten Mal nach Ungarn zurückkehrte,hoffte ich, das Land so wiederzufinden, wie ich es verlassen hatte.
In meiner Erinnerung lebten all die Jahre Wiesen voller Wildblumen, wogende Kornfelder,flüsternde Wälder, Stille — nur unterbrochen vom Gesang der Lerche oder dem Glockengeläut, das aus dem nahen Dorf herüberwehte.
Und über mir der strahlende, tiefblaue Himmel: meine Heimat, für die ich damals, 1956, gekämpft hatte.
Als wir die österreichische Grenze hinter uns gelassen hatten, begannen meine nostalgischen Erinnerungsbilder Risse zu bekommen.
Im Graben neben der Landstraße hatte jemand seinen Müll abgeladen. Über Lumpen, alten Autobatterien, Farbdosen spielte der Wind mit einer dreckigen Plastikfolie. In mehr oder weniger großen Abständen immer gleiche Bilder:
Müllhaufen. Was mochte mein deutscher Freund, der nie zuvor in Ungarn war und höflich schwieg, denken?
Ich schämte mich und versuchte, seine Aufmerksamkeit auf etwas Anderes zu lenken. „Schau, da ist ein Storchennest auf dem Strommast!" Leider flatterten auch dort oben, eingebaut von Freund Adebar, bunte Einkaufstüten und Plastikstreifen.
Vielleicht würde es ja besser werden, wenn wir erst einmal genügend Abstand zur nahen Grenze hätten … In den Zalaer Hügeln konnten wir zahlreiche kleinere und größere wilde Mülldeponien bestaunen, bereits gezeichnet vom wachsenden Wohlstand, alte Kühlschränke, ausgeschlachtete Fernseher, Teile von Automotoren, -karosserien, zum Teil bereits überwuchert von Disteln und wildem Ampfer.
Am südlichen Plattenseeufer waren immerhin Container am Straßenrand aufgestellt — zum Bersten voll. Und alles, was nicht mehr hineingepasst hatte, war einfach rundherum entsorgt worden … Endlich in Kiskunhalas angekommen, trafen wir auf dem Feldweg,
der zu unserem Ziel führte, einen alten Mann, der mit einer Mistgabel Müll von seinem Pferdewagen ablud und mit Schwung in die blühenden Weißdornbüsche warf.
Spätestens jetzt verabschiedete ich mich traurig, aber auch sehr wütend von meinen schönen Erinnerungsbildern.
Was sind das für Menschen, die in Bächen, Teichen, Mooren, in der blühenden Natur ihren Müll verstreuen?
Was sind das für Menschen, die Plastikflaschen aus dem Autofenster werfen und den Aschenbecher auf die Straße entleeren?
Was sind das für Menschen, die der nächsten Generation, ihren eigenen Kindern ein verdrecktes, verpestetes, vergiftetes Land als Erbe übergeben wollen?
Sie sollten sich sehr schämen, auch diejenigen, die das alles einfach übersehen.
Ich bin Ungar, bin es in guten und in schlechten Zeiten geblieben. Und auch ich schäme mich und nehme mir das Recht zu sagen, es wäre gut, wenn Ungarn seine Hände gründlich waschen würde, bevor es die ausgestreckte Hand der EU ergreift!
Ákossy Zoltán