Ungarische Staatsbürgerschaft für einen deutschen Zuwanderer — eine unglaubliche und wahre Geschichte!

„Nein, Sie werden hier keine Wohnsitzkarte bekommen!…“

  • diese Antwort erhielt Norbert Tress beim Einwanderungsamt in Szeged. Herr Tress ist ein deutscher Rentner und wohnt seit Jahren in Balotaszállás, nahe Kiskunhalas, auf seinem Einzelhof. Wir sind jetzt in Szeged, beim Einwanderungsamt („Bevándorlási és Állampolgársági Hivatal“), wo Ausländer ihre erste Wohnsitzkarte (Ung: „lakcímkártya“) erhalten können.

Besser gesagt: könnten!

Also jetzt bekommen wir sie nicht. Darf ich fragen, warum? — die mutige Frage stelle ich als Dolmetscher. Weil der Name wie ein ungarndeutscher Name klingt, ist die Antwort. — Ja, mein Vater ist in Csávoly (Komitat Bács-Kiskun) in den dreißiger Jahren geboren, wurde aber nach 1945 nach Deutschland deportiert… – Ach, deshalb. Aber die gute Nachricht: Sie erhalten die ungarische Staatsbürgerschaft.

Sollen wir uns jetzt freuen oder sorgen?

Wir wussten nicht, wie der offizielle Weg ist. Beantragen — aber wo? Formulare ausfüllen — aber wie und welche? Die Beamten waren völlig überfordert. Ich habe in den nächsten Tagen mehrere Büros und Ämter angerufen, berief mich auf Anweisungen der Beamtin im Einwanderungsamt, Paragraphen, Verordnungen und Möglichkeiten…

„Das ist nicht meine Befugnis…“, „Hier kam so etwas noch nie vor!…“, „Was glauben Sie, wie wäre Staatsbürgerschaft ohne Ungarischkenntnisse und Prüfung möglich?“

Na ja: Herr Tress kann 10 Worte Ungarisch, unter denen „Jó napot“, „Viszontlátásra“, „vörösbor“… Und die wäre für keinerlei Prüfung nötig.

Aber in unserem Fall ging es um die Gewährung der Staatsbürgerschaft an eine Person, deren Vater ehemals ungarischer Staatsbürger war und die wurde ihm vom ungarischen Staat wegen der deutschen Abstammung entzogen. Und jetzt will der Staat diese Staatsbürgerschaft höflichst zurückgeben…

Wenn aber zum Vorgang die Beamten auch eine Ahnung hätten!…

Telefonate, Korrespondenz, Kontakte — Das war alles nötig, damit wir nach einigen Wochen an die zuständige Beamtin gelangten. Sie war die Standesbeamtin im Dorf von Herrn Tress, in Balotaszállás.

Drei Stunden: so lange hat es gedauert, bis wir die Antragsformulare ausgefüllt hatten. Die Fragen waren ja auf Ungarisch, unter ihnen auch ganz besondere. Wie z.B. „Welches Geschlecht hatten Sie bei Ihrer Geburt?“ Aber wir bemühten uns, alles richtig auszufüllen!

Dann wurde alles nach Budapest, zum zentralen Standesamt, geschickt. Angegeben wurden meine Kontaktdaten, als Dolmetscher. Es war auch genau richtig! Die Amtsleiterin (eine hilfsbereite Dame) hatte mehrere Fragen und wir mussten auch Mängel beheben. Zum Beispiel mussten wir die deutschsprachigen Geburts- und Eheschließungsdokumente offiziell übersetzen lassen, einige Seiten wiederholt unterschreiben und eingescannt oder original per Post zurückschicken.

Nach einigen Monaten kam die Wohnsitzkarte von Herrn Tress bei mir an. Damit konnten wir zum Kormányhivatal (Regierungsamt) gehen und den ungarischen Personalausweis ausfertigen lassen.

Große Freude bei der Nachricht, dass dieser besondere Verwaltungsvorgang erfolgreich abgeschlossen wurde. Freunde wie unsere Kleeblatt-Kollegin, Eva-Marie Meißner, haben Herrn Tress mit einem Blumenstrauß in den ungarischen Nationalfarben gratuliert.

Lajos Káposzta, Dolmetscher 0036209466727

Wie erwerbe ich eine Wohnsitzkarte / Lakcímkártya in Ungarn?