Nicht beim Friseur, sondern ganz echt! Wir wurden nach Bócsa, zu der Familie Csővári, eingeladen. Dort werden zu dieser Jahreszeit, im Frühling, die Frühjahrsarbeiten in der Puszta nach einem jahrhundertealten Plan durchgeführt. Ja, in der Puszta, denn der Hof, das Vieh, die Tränke und die Maschinen befinden sich auf dem Familienhof, nicht weit vom Dorf entfernt.
Auch das Scheren der Schafe
gehört zu den Frühlingsarbeiten. Während jedoch vor 50-60 Jahren die Stille der Felder durch das Klappern der Scheren gestört wurde, wird die Arbeit heute ausschließlich maschinell erledigt.
Die Scherbrigade kommt dazu aus dem Komitat Békés, Ostungarn. Sie suchen alle Schafherden in der Gegend auf. Die Gastgeberin, Elluska Csőváriné, erzählt stolz, dass sie einige der „Jungs“ seit ihrer Jugend kennt und es genossen hat, sie in den Beruf hineinwachsen zu sehen. Zwei Männer aus der „Klemme“, einem zum Scheren aufgestapelten Pferch, führen die Schafe zu den Scherern. Ein Schafscherer kann ein Exemplar in einigen Minuten scheren. Der nationale Rekord liegt bei 48 Sekunden – das ist natürlich auf Dauer nicht haltbar, weil man auch mal eine Pause braucht. Die Wolle wird von zwei Männern in Ballensäcken gesammelt und dann gepresst.
Der Landwirt verkauft sie dann an Abnehmer – was natürlich die Kosten für die Schur nicht mehr deckt. Aber es muss geschoren werden – diese Rasse braucht es und im Sommer ist es besonders gut, ein kahles Schaf zu haben. Dies ist auch der Zeitpunkt, um die Klumpen des verstopften Kots, die Tropfen aus dem Haar, zu entfernen.
Also das Schafscheren
Da sind die fünf elektrischen Scheren, von denen jede wie ein riesiger elektrischer Rasierapparat aussieht. Ich werde diesen Job selbst ausprobieren. „Komm, ich nehme das Schaf, du schiebst die Wolle runter“, weist mich der Schermeister an, „aber schieb sie auf das Fell, damit du keine Stoppeln bekommst! Oh ….! Wir sollten es in 4 bis 5 Minuten schaffen, um die Norm zu halten!”
Nun… in 5 Minuten wurden nur Bauch und Rücken des Patientenschafes in meinen Händen geschoren. Nur diese Körperteile. Ich hätte mich sowieso nicht getraut, bei den Gelenken und dem Euter zu tippen: Selbst einem Meister reißt manchmal die Haut an den empfindlichen Stellen ein…
Der Besitzer muss da stehen
Man darf Handwerker, Fachleute in Ungarn nicht allein lassen! Das wissen viele deutsche Zuwanderer eher nicht. Wenn das geschieht, gehen die Arbeiten viel langsamer… Die beiden Landwirte – Róbert und Tamás – inspizieren die geschorenen Schafe sorgfältig. Alle 620 ….! Ihre erste Aufgabe ist es, die kleinen Scherwunden mit einer blauen Desinfektionsflüssigkeit zu behandeln. „So gelangen die Fliegen nicht in die Wunde und die Wunde schließt sich.“ – erklären sie. Fieber und Vitaminmangel sind in diesem „entkleideten“ Zustand stärker ausgeprägt als zuvor. Das Problem lässt sich durch Vitaminspritzen und andere Impfstoffe leicht beheben, so dass die Sterblichkeit relativ gering ist.
In der Pause?
Das Unternehmen macht eine Pause. Das macht es noch einfacher, Rockmusik zu hören, die für die Arbeit unerlässlich ist. Der Chef der Truppe macht keine Pause. Seine Aufgabe ist es, die Messerklingen zu säubern und schleifen, die sich beim Schneiden abgenutzt haben, hauptsächlich durch Sandkörner. Gute Laune ist auch dabei, denn das Mittagessen wird bald kommen. “Ich muss meine Mitarbeiter so ernähren, als wären sie meine eigene Familie”, sagt Elluska, die mit ihren Freunden das dreigängige Mittagessen zubereitet. Tagsüber kein Alkohol, aber alle geben zu, dass diese Regel nicht so streng gehalten wird.
Ein Wanderleben
Am nächsten Tag gehen sie in einen anderen Schafstall. Der Kalender sagt ihnen, wann sie bei wem auftauchen müssen. Die Leute arbeiten 14 Tage lang ununterbrochen und haben dann 2 Tage Zeit, sich um ihre Angelegenheiten zu Hause zu kümmern. Dann heißt es wieder 14 Tage lang arbeiten. Und wenn die Scherzeit im Frühsommer endet, macht sich die Truppe an die Arbeit in den Weinbergen. Denn die Landwirtschaft kann Fachleuten ihr Brot garantieren, wenn sie ihren Platz finden.
Lajos Káposzta