Gott hatte noch Pläne mit mir (1)…

Zu Besuch bei Eginald Schlattner in Siebenbürgen

Eine der ältesten Kirchen in Siebenbürgen. Und einer der ältesten Pfarrer im Dienst in diesem ehemaligen Fürstentum. Er ist sogleich Autor von sieben Romanen, die einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft und Geschichte der multiethnischen Bevölkerung von Siebenbürgen leisten. Anfang Januar beschlossen drei ungarische Literaturfreunde, teils mit ungarndeutschem Hintergrund, Eginald Schlattner in seinem Dorf nahe Hermannstadt / Sibiu / Nagyszeben zu besuchen.

Rothberg – Szászveresmart – Rosia

Ein Dorf auf dem sog. „Königsboden“ in Südsiebenbürgen. Das Gebiet war zwar Teil des Großfürstentums, aber besaß zahlreiche Privilegien. Dementsprechend konnte sich die Gesellschaft und die Wirtschaft der Siebenbürger Sachsen gut entfalten: Stadtrechte, eigene Schulen, eine mittelalterliche deutsche Mundart und die selbständige evangelische Kirche. Diese Sonderrechte verschwanden allmählich, der letzte Schlag waren dann die rumänische kommunistische Diktatur und — wer würde das glauben? — die siegreiche Revolution 1989!

Wir kommen rechtzeitig an

– um 11.35 Uhr ist bei der Kirche alles ruhig. Die Kirche ist in gutem Zustand, neben ihr steht der gut erhaltene Turm der ehemaligen mittelalterlichen Wehranlage. Wo wir geparkt haben, steht die ehemalige deutsche Schule des Dorfes. Damals, vor etwa hundert Jahren nach einheitlichen Plänen gebaut. Seit Anfang der 90-er Jahre leer…

Zeit gibt es noch genug:

Wir besichtigen die Kirche von außen, dann gehen wir einige Stufen hinunter und wir stehen schon drin und sammeln Emotionen. Es ist ein mittelalterlicher Kirchenbau, der die Merkmale einer Basilika gut sichtbar trägt. Im Kirchenraum Teppiche, Bilder, Inschriften und auch ein Gästebuch — Eindrücke vorheriger Besucher, man könnte sogar behaupten, Pilger. Obwohl es in der evangelischen Kirche so etwas eigentlich nicht gibt. Ebenso wie ein Sarg, auf den wir aufmerksam werden, ein bisschen abseits liegend.

Vielleicht für den letzten Sachsen des Dorfes?

Es kommen auch andere Menschen zum Gottesdienst. Rückkehrer der ehemals blühenden sächsischen Gemeinschaft. „Ich komme aus dem Nachbardorf“ — sagt ein Mann mit typisch deutschem Bart. „Ich wohne hier als deutscher Praktikant“ — so ein kaum 20-jähriger junger Mann.

Dann kommt auch er, unterstützt von seinen zwei rumänischen Haushälterinnen, der neunzigjährige Pfarrer in seinem Ornat. Im vom hinten hereinströmenden Licht sehen wir nur seine Gestalt, dann wird auch das Bundesverdienstkreuz am schwarzem Pfarrock sichtbar, eine Auszeichnung vom deutschen Staat. „Besser so, als auf dem Samtkissen bei meiner Beerdigung“ — sagt er später. Mit Recht.

Lajos Káposzta, Balázs Kocsis, Péter Wesz und Pfarrer Eginald Schlattner

Dann steht er vor uns. „Also die drei Herrschaften aus Ungarn. Sie verstehen Deutsch, also muss ich die Sprache ins Ungarische nicht wechseln. Na gut, es freut mich!“

Dann folgen noch einige Sätze über seine Kirche, wo er seit 1978 das Pfarramt bekleidet. Diese Kirche wurde 1225 erbaut. Wir gehen jetzt aber in die Sakristei: in der Winterzeit können wir da ja heizen. Nehmen Sie Platz! Sehen Sie, die Tür, die in den Chorraum führt, ist niedrig. Das hat auch seine Bedeutung, der Pfarrer muss sich beugen und bücken, wenn er in die Kirche geht.

Lajos Káposzta

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