Es lohnt sich, einen Spaziergang auf dem Soltvadkerter Friedhof zu machen. Seien es Kulturfreunde, Ortshistoriker oder völlig fremde Touristen, ein Spaziergang mit Führung schafft wirklich ein besonderes Erlebnis!
Grabinschriften, Namen, Geschichten
Hier können viele Details der ungarischen Geschichte aus sprachlicher und ideologischer Hinsicht beobachtet werden. Der älteste, noch deutsch geschriebene Grabstein stammt vom Ende des 19. Jh. Die Symbole haben sich seitdem wesentlich verändert.
In Soltvadkert
waren es die evangelische A. B. und die reformierte H. B. Kirchengemeinden, zu denen mehr oder weniger Deutsche gehörten. Wie die Pfarrer dem Assimilationswillen des ungarischen Staates widerstanden, zeigen einige Beispiele. Der junge reformierte Pfarrer, Andreas Schilling, musste in den 1820-er Jahren viel leiden, bis er sein deutsches Gesangsbuch für die Reformierten H. B. herausgeben und in die Praxis einführen konnte. Das war ein Standardwerk, das jahrzehntelang in diesen Gemeinden z. B. im Komitat Pest, Tolnau/Tolna und Branau/Baranya genutzt wurde.
Wie der ungarische, nationalistisch denkende Oberstuhlrichter (Hauptbeamte) des Kreises Solt dagegen kämpfte, wurde aus dem Protokollbuch bekannt, das am Grabstein vorgetragen werden kann. Damals fiel es den Donauschwaben nicht leicht, in einem nationalistisch denkenden Komitat in der ungarischen Vormärz-Periode an der Sprache der Ahnen festzuhalten.
Die ungarische kommunistische Räterepublik 1919
bedeutete für jede Generation etwas anderes! Hinrichtungen, Vertreibung oder einfach nur Angst. Kommunistisch denkende Militärtruppen haben im Sommer 1919 das Dorf besetzt und einige Männer (als vermutliche “Konterrevolutionäre”) einfach erschossen. Ihre Grabstätten sind heute teilweise noch aufzufinden.
Namensänderungen – an den Grabsteinen ersichtlich!
Ebenso schwer, ein bis heute geltendes Terrorelement war die (fast obligatorische) Namensänderung bei Familien mit deutscher Abstammung nach der „Befreiung“ 1945. Dieser Prozess spiegelt sich auf vielen Gräbern, wenn dem deutschen Familiennamen plötzlich eine völlig andere, ungarische Form folgt. Es geht aber um dieselbe Familie! So wird aus Mayer Mohácsi, aus Ritter Réti oder aus Weppert Vágó — damit wir nur einige Beispiele nennen.
Ein Spaziergang auf dem Friedhof ist immer lehrreich. Man kann dadurch auch über die hier Lebenden einen Einblick bekommen. Versäumen Sie das nicht!
Lajos Káposzta