Eine kleine Lebensgeschichte aus Bács-Kiskun – ein alter Herr erzählt…

Bernd-Rüdiger Buttgereit aus Soltvadkert und bald Tanyabewohner in Matkópuszta

Ja, er hat zwei Wohnorte: einen „provisorischen“ im Soltvadkerter Stadtzentrum, und einen Bauernhof, den er selbst rekonstruiert und neu baut. Alles mit 77 Jahren! Wir haben ihn nach seiner Geschichte gefragt.

Ja, ich bin im November 1943 in Ostpreußen geboren, beginnt er mit seiner Lebensgeschichte. Die Front war damals noch außerhalb der ostpreußischen Grenze. Die Leute hatten aber Angst, natürlich. Wie meine Eltern erzählten, bei uns gab einen Gauleiter, namens Koch. Er hat der Bevölkerung strengstens verboten, das Land zu verlassen. „Das hätte die Soldaten demoralisiert“. Viele sind dann aber einfach abgehauen.

  • Und ihre Familie?

Wir waren keine Flüchtlinge, sondern Vertriebene. Als die Russen einmarschiert sind, sagten sie uns: ihr verschwindet sofort oder wir deportieren euch. Das wollte aber keiner. Mit dem Zug wurden wir dann nach Deutschland gebracht.

  • Was erfuhren Sie aus der Familie über diese schweren Jahre?

Meine Mutter hat nie darüber gesprochen, das war für sie immer ein Tabu Thema. Interessant, ich war 45 Jahre alt, als sie starb, aber in der ganzen Zeit war das so gut wie kein Thema. Auch nicht in meinen Jugendjahren!

Also, Ostpreußen haben wir im Zeitraum Dezember 1944 – Januar 1945 verlassen. Wir waren dauernd unterwegs. Von Notwohnung zu Notwohnung.

Dann Sprung in meinem Gedächtnis: 1949 — meine ersten Erlebnisse in Westdeutschland. Man hat uns verteilt und wir landeten in Niedersachsen. Meine Schwestern gingen dort zur Schule. Auch meine beiden Tanten lebten in dem Dorf mit dem Namen „Gehrendorf“. Niemand wollte uns haben, drei Kinder.

Dann gerieten wir nach Bonn. Da war mein Vater, der ein kleines Dachzimmer hatte. Unrasiert, langer Wehrmachtsmantel, ungeheiztes Zimmer. Ein fremder Mann!

Was erfuhren wir von seinen Wehrmachtsjahren? Er diente an der italienischen Front, dort geriet er in englische Gefangenschaft, aber war nicht lange da. Mein Vater war Chemiker, Bonn war Universitätsstadt. Er bekam Arbeit in einer anderen Stadt, im Labor einer neuen chemischen Fabrik. Er lebte bis 1993.

Aber über den Krieg erzählte er auch nicht viel…

Meine Mutter erhielt die Nachricht, dass er entlassen wurde, durch das Rote Kreuz. Es war ein Stall, in dem wir dann lebten. Die Hauptsache war, dass wir LEBTEN!

Nein, ich kann die ostpreußische Mundart nicht sprechen. Es blieben nur einige Worte in meiner Erinnerung. Mädchen hieß „Marjelchen“, Junge hieß „Lorbass“

Soviel über Nachkriegsjahre!

Mein Leben läuft seit mehr als 10 Jahren in Südungarn. In Soltvadkert habe ich einen sicheren Punkt gefunden. Aber die Tanya in Matkópuszta — das wird mein letzter Lebensmittelpunkt sein! Mit dem Ausbau der Tanya erfüllt sich ein Lebenstraum. Das Beste, ich habe meinen Freund Robert gefunden, die mir mit Rat und tatkräftiger Unterstützung zur Seite steht! Danke Freunde, so macht auch das Altwerden Spaß!

Lajos Káposzta — Eva-Marie Meissner