Noch ist das Wetter eher wechselhaft,
trotzdem bleiben viele Ungarn ihren Gewohnheiten treu und suchen ab Anfang April ihre Sommerhäuser zu ersten Frühlingsarbeiten im Garten auf.
Und unsere Mitbürger aus dem Ausland tun dasselbe! Entweder sind sie einfach wohnhaft hier oder sie machen sich auf den langen Weg… und in Zeiten der Pandemie nehmen sie mit oder ohne Quarantäne das ungarische Frühlingstempo auf.
Alle zieht es
nach dem recht langen Winter hinaus an die frische Luft.
Es ist das Einzige, was wir genießen können, keine Gaststätten, keine Konzerte und keine Wellness-Wochenenden in den schönen Hotels. Man wartet auf Ostern, die bunten Blumen, den Duft des Frühlings und die angekündigte Auferstehung. Auferstehung? Das einzige Wunder, das man nicht verstehen kann. Nur wahrnehmen.
Goethe: Osterspaziergang
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
durch des Frühlings holden, belebenden Blick.
Im Tale grünet Hoffnungsglück.
Der alte Winter in seiner Schwäche
zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
ohnmächtige Schauer körnigen Eises
in Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes.
Überall regt sich Bildung und Streben,
alles will sie mit Farbe beleben.
Doch an Blumen fehlts im Revier.
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
nach der Stadt zurückzusehen!
Aus dem hohlen, finstern Tor
dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
denn sie sind selber auferstanden.
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
aus der Straßen quetschender Enge,
aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh, wie behend sich die Menge
durch die Gärten und Felder zerschlägt,
wie der Fluss in Breit und Länge
so manchen lustigen Nachen bewegt,
und, bis zum Sinken überladen,
entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges ferner Pfaden
blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel.
Hier ist des Volkes wahrer Himmel.
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!
aus Faust 1 von Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832, deutscher Nationaldichter, Schriftsteller, Naturforscher