Was feiern wir an diesen Tagen?
Die meisten Ungarn (und Westeuropäer) leider kaum etwas. Vielleicht Halloween… Und leider nicht einmal die eigene Vergangenheit und Tradition.
31. Oktober
So ist es mit dem Fest des Auftrittes von Martin Luther 1517. Der berühmte deutsche Reformator ist aber nicht nur aus kirchlicher Hinsicht bedeutend. Er schuf die moderne deutsche Sprache damit, dass er die vollkommene Bibel ins Deutsche übersetzt hat. „Dem Volks aufs Maul schauen…“ — hat er behauptet. Das bedeutet: man soll die (neuen) Begriffe schöpfen, während man die Mundarten studiert. Das war die Methode der Neugestaltung und Erneuerung der deutschen Sprache.
1. November
Allerheiligen (Ung: „Mindenszentek“— Fest aller Heiligen in der römisch-katholischen Kirche, die im Kirchenkalender sonst separat nicht erwähnt werden. Anders formuliert: es werden aller Heiligen gedacht, der „verherrlichten Glieder der Kirche, die schon zur Vollendung gelangt sind“, der bekannten wie der unbekannten.
2. November
Allerseelen (Ung. „Halottak Napja”), „Tag des Gedenkens an alle verstorbenen Gläubigen“. Damit begeht die römisch-katholische Kirche das Gedächtnis ihrer Verstorbenen. Durch Gebet, Fürbitte, Almosen und Friedhofsgänge gedenken die Menschen aller Armen Seelen im Fegefeuer und wenden ihnen Ablässe zu. Aber in Ungarn gehen auch die Protestanten auf den Friedhof an diesen Tagen. Die Grabsteine werden erneuert, die Gräber gereinigt, mit Blumen geschmückt und man zündet Kerzen als Erinnerung. Kerzen werden auch im Haus gezündet: so gedenkt man der Verstorbenen, die weit entfernt begraben wurden. Bis zum politischen Wechsel 1990 gedachte man auch auf dieser Weise der Opfer der Weltkriege und der Revolution 1956.
Die Meinung eines zugezogenen deutschen Ehepaares in Soltvadkert.
Henning und Erika Heilmann wohnen seit Mai 2020 in Soltvadkert (Komitat Bács-Kiskun). Sie bemühen sich die Kleinstadt, ihre Einwohner und Bräuche gründlich kennenzulernen. Sie schreiben ihre Eindrücke vom Friedhofbesuch am Abend von Allerheiligen:
Wir sahen den Friedhof und waren derart stark berührt, von den vielen Blumen und Kerzen, die von Angehörigen dort mit Liebe aufgestellt worden waren — so war es vor langer Zeit auch noch in Deutschland — dann aber verschwand diese gute Kultur (und andere verbindende Elemente, die ein Volk ausmachen & stark machen und widerstandsfähig gegenüber den negativen Einflüssen von außen) immer mehr… Heute ist davon fast nichts mehr übrig — wie auch von manchem anderen.
Ein Volk, das kaum mehr eine gemeinsame — über lange Zeit hin — gewachsene Kultur pflegt (zelebriert), zerfällt und wird leichte Beute von Widersachern / Okkupatoren und negativen Einflüssen. Dabei spielt die Größe des Volkes überhaupt keine Rolle. Kleine Völker oder Volksgruppen (Beispiel Mazedonien = Alexander der Große) konnten NUR erstarken und große Wehrhaftigkeit entwickeln, aus dem Zusammenhalt der Menschen und dem daraus erwachsenen Selbstbewusstsein (der inneren Stärke). “Glaube versetzt Berge…”
Es gefällt uns beiden sehr, dass Ihr hier (und wir gehören nun ja dazu) diese gute gewachsene Kultur bewahrt habt und auch (hoffentlich) weiter pflegen werdet!
Lajos Káposzta