Episoden aus den ungarndeutschen Kalendertraditionen
Nachfolgend lesen Sie einen Auszug aus dem Werk „Batschkaer Ahnenspiegel“ von Konrad Gerescher. Der Autor wurde 1934 in Breg/Béreg/Backi Breg, in der jugoslawischen Nordbatschka geboren. Er ist in den fünfziger Jahren ausgewandert und lebte in Ludwigsburg, wo er als selbständiger Konstrukteur tätig war. Seit 1983 lebte er überwiegend in Szeged und Kompöc bei Kiskunmajsa. Er hat zahlreiche Publikationen über ungarndeutsche Bräuche, Sprachgut und Geschichten veröffentlicht. Das Buch Batschkaer Ahnenspiegel erschien 2004, betreut von der Szegediner Juhász Gyula Hochschule. Er starb 2011.
Neujahr
Der Neujahrstag, also der 1. Januar, brachte schon in aller Frühe ziemliche Aufregung: Wir Kinder suchten nach einem lauten Krachmacher. Unsere Eltern hatten gerade davor Angst. Schon die Kleinsten kannten den Umgang mit Karbid und Streichholzpulver. … und so waren alle Geschwister oder Nachbarskinder mit diesen — nur in den Augen unserer Eltern gefährlichen Dingen – beschäftigt. Am stärksten knallte die Karbidkanone, am gefährlichsten war der Pulverböller. Die Kanone machte man aus einer Blechdose für die man im Boden ein Loch bohrte und die obere Öffnung mit einem Deckel dicht verschloss. Wurde in der Dose ein Stück Karbid mit etwas Wasser zusammengebracht, ergab es sehr schnell ein Knallgas, das man nur noch am Loch anzünden musste. Mit dieser Kanone konnte man so oft schießen, bis das Karbid aufgebraucht war. Der Umgang mit Streichholzpulver war mühselig und hinterließ immer einen kleinen Schaden! Hohle Schlüssel, in denen man es mit einem Nagel zur Explosion brachte, wurden oft auseinandergerissen! … das gab manchmal auch blutige Finger….!
Für letztere war es noch am sichersten, wenn Schlüssel und Nagel je am Ende einer Schnur angebunden waren und man den zusammengesteckten Böller mit Schwung an einen Baum oder eine hohe Mauer schlug, das gab nur Krach und kein Blut.
Neujahrswünsche
Beim Neujahrswünschen sagten wir:
Ich winsch, ich winsch, ich waas net was, langt in Sack un kept mr was!
Kept mr net zu wenich, ich pin a klonr Kenich,
kept mr net zu viel, taß ich niks vrlier.
Ich winsch a klicklichas Neijas Jahr!
Daraufhin langten die Erwachsenen in die Tasche oder in den Rucksack und steckten ein paar Para/Fillér in unseren dicken Geldbeutel/Budjelar.
Dreikönig bis St. Blasius
Man hatte kaum die Aufregung von Neujahr hinter sich, stand auch schon Heilige Drei Könige am 6. Januar vor der Tür. Fast alle Kinder zwischen 10 und 14 Jahren, machten beim Dreikönig-Singen mit, entweder als Weise aus dem Morgenland oder als Sternträger. Man ging in einer Verkleidung/Maschkerad zu viert oder sechst — je nachdem, ob für die Geschenke Träger gebraucht wurden — in der eigenen Gasse von Haus zu Haus und sang:
Heilich-Treikenich mit ihrem Stern, sie kommen von weit und preisen den Herrn…
Die weiteren — leider vergessenen — Worte gaben bekannt, dass in Bethlehem das Jesuskind geboren wurde… Wegen des Singens wurde die Messepflicht nicht von allen Erwachsenen der Familie erfüllt. Eine erwachsene Person musste aber an Dreikönig unbedingt zur Kirche gehen und ein Glas Weihwasser, Kreide, Brot und Salz weihen lassen. Mit dem heiligen Wasser wurden Haus und Hof bespritzt und man füllte das Weihwasserkesselchen neben der Stubentür damit. Die Kreide war für die Türaufschrift CMB, vom heiligen Brot und Salz probierten alle Angehörigen.
(Fortsetzung folgt)
Lajos Káposzta