Oder anders formuliert:
Leben vor und nach der Vogelgrippe
Denn ab März „tobte“ (OK: „erschien“, aber wegen mangelndem Interesse ausgeblieben) in Ungarn nicht nur die Corona, sondern auch die tödliche Krankheit des Federviehs. Deshalb musste m an den ganzen Enten-, Gänse- und Hühnerbestand ausrotten. Die Bauern werden entschädigt, wie überall in der EU. Ende Sommer werden diese Betriebe neustarten… aber wir sind jetzt auf die Geschichte und die Gegenwart dieser Branche gespannt.
Tanya mit weißem Hof, so sieht es aus der Luft aus, wenn man mit Flugzeug oder Drachenflieger über solche Einzelhöfe fliegt, in denen Gänseaufzucht betrieben wird. Der Hof kann auch grau sein, das weist auf Enten hin und braun-weiße Farbe ist ein zweifelloser Hinweis auf Hühnerhaltung. Auf Tausende dieses Kleinviehs. So ist es auf dem Sandrücken der kleinkumanischen (ung: Kiskun) Landschaft zu beobachten, wo der Boden für solche Tätigkeiten sehr geeignet ist. Es lohnt sich einfach nicht, auf diesem Boden Pflanzen anzubauen. Der Sand hat auch einen Vorteil, er erhält nämlich den guten Zustand der Federn. Bei regnerischem Wetter gibt es hier kaum Schlamm, so werden die Federn der Tiere nicht hart und können nach der Schlachtung leichter entfernt werden. Kiskunhalas, Kiskunfélegyháza, Kiskunmajsa und deren Umgebung sind die Ortschaften, in denen dieser Landwirtschaftszweig besonders verbreitet ist. Wie uns der Bócsaer Tierarzt, Dr. Károly Pais, erzählt hat, wurden die fachlichen Grundlagen zu dieser Tätigkeit in den LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften) gelegt.
Nachdem die Tätigkeit der LPG Anfang der 90-er Jahre eingestellt worden ist, machten einzelne Bauernfamilien mit Knechten die Kleinviehzucht als Privatwirtschaft weiter. Unter den Dörfern und Städten erfreut sich Bócsa besonderen Ruhmes, auf die 1.800 Einwohner fielen im Jahr 2002 3,5 Mio. Bratenenten. Diese Tiere wurden natürlich nicht gleichzeitig im Gebiet des Dorfes gehalten, sondern wurden im Laufe des Jahres aufgezogen und abgegeben, aber der Vergleich ist trotzdem kurios. Und dazu kommen noch Gänse und Hühnchen!
Geflügelzucht als Tradition!
Noch einige Daten zu dieser Branche in Bócsa: es gibt 100 Aufzuchtbetriebe, in denen der reguläre Geflügelbestand über 2000 Exemplaren liegt.
Was die Vorschriften für die Haltung betrifft, hat sich nach dem EU-Beitritt des Landes nichts geändert, die meisten gültigen Regelungen und Gesetze sind bereits 1997 in Kraft getreten. Ob sie eingehalten werden? Man soll lieber so formulieren: die meisten werden heutzutage schon konsequent eingehalten!
Worum geht es dabei? Die Bauern wissen, dass es auch in ihrem Interesse ist, gesunde Tiere zu „produzieren“. Sonst werden sie durch die Verarbeitungsbetriebe gar nicht angenommen. Dort ist nämlich die ärztliche Kontrolle sehr streng. Wenn der Bestand in einem Aufzuchtbetrieb infiziert wird, dann erreichen die Schäden mehrere Millionen Forint. Also auf Gesundheit und Hygiene wird streng geachtet. Wie uns aber Dr. Pais erzählte, wurde z.B. auch vorgeschrieben, das Areal muss so und so umzäunt werden. Der Bauer hat den Zaun gemacht. Einige Wochen später wurde er einfach gestohlen — wegen seines Materials.
Barrieren und Stürze
Katastrophen entstehen nicht nur wegen einer (selten vorkommenden) Krankheit. Wenn der Verarbeitungsbetrieb die schlachtreifen Tiere nicht übernimmt, entstehen Kosten, die die Bauern in den Konkurs treiben können. Hier nur einige Daten: nach sechs Wochen erreichen das Geflügel die Schlachtreife nach der es unnötig wäre, sie weiterzuhalten. Und nicht nur die Bauern hängen von den Verarbeitungsbetrieben ab, sondern diese auch vom Weltmarkt. Denken wir nur an die „billigen chinesischen Hühnchen“, die kürzlich auch die Gesundheit der Europäer gefährdet haben!
Gestank! ….. dulden oder sich empören?
Die Geflügelhaltung erfolgt meistens in den externen Gebieten, den Fluren der Siedlungen. Hier gelten zwar Vorschriften, wie weit die Stallungen von den Wohnhäusern entfernt liegen müssen, aber 200 Meter nützen in diesem Fall nichts! Wenn der Wind aus der Richtung des Aufzuchtbetriebes weht, könnten es auch 500 Meter sein, was stinkt, das stinkt!
Die dort lebenden Bauern sind daran gewöhnt. Anders ist die Frage mit den Urlaubstanya, es passierte letztes Jahr in Kiskunmajsa, dass ein österreichischer Tanyabesitzer seinen Nachbarn angezeigt hat, weil der Geruch seiner Enten ihn gestört hat. Welche Lösung wäre gerecht? In diesem Fall musste die ungarische Züchterfamilie aufgeben.
Und die Natur?
Ja, die Natur wird durch den Gänsekot schwer belastet. Man braucht Jahre, bis sich der Boden regeneriert. Anders gesehen wird hier aber nicht vieles geschädigt, das Gras in der Puszta ist anspruchslos, es muss ja auch das hiesige „Wüstenklima“ ertragen — jährlich durchschnittlich weniger als 500 mm Niederschlag! Wenn der Boden Lehm oder Schwarzerde wäre, dauerte diese Regeneration viel länger. Die Pflanzenwelt ist nämlich auf diesen Bodenarten viel reicher.
Tierschützer?
Noch keine. Oder es steht noch niemandem im Interesse… Aber sie werden bald kommen (nach Meinung von Dr. Pais). Bis dann aber können wir unsere Preise halten (nach Meinung der Tierhalter).
Lajos Káposzta