Eine Errungenschaft
des beginnenden Systemwechsels in Ungarn war, dass Ende der 80-er Jahre offiziell erlaubt wurde, Vereine und andere Organisationen zu gründen bzw. eintragen zu lassen.
So entstanden auch freiwillige Bürgerwehrvereine – “önkéntes polgárőrök”, die in den einzelnen Orten zum Schutz von Hab und Gut und zur Wahrung der Ordnung gegründet wurden. Dr. Dénes Fekecs, Vorsitzender des Bürgerwehrverbandes im Komitat Bács-Kiskun, ist von Anfang an dabei. Wir befragten ihn über Tendenzen, Trends und aktuelle Aufgaben der Bürgerwehr.
- Wieviel Bürgerwehrvereine sind im Komitat Bács-Kiskun tätig?
Darüber haben wir offizielle Daten, denn es dürfen ja keine Bürgerwehrgruppen ohne Registrierung arbeiten. Also, in 119 Ortschaften leisten die Mitglieder von 115 Vereinen regelmäßig Wachdienst.
- Wie sieht das Durchschnittsalter der Bürgerwehrleute aus?
Die derzeit Jüngsten sind zwischen 30 und 40 Jahre alt. Es wäre schon an der Zeit, die Mitgliedschaft zu verjüngen. Aber die Jüngeren haben noch andere Lebensschwerpunkte wie Existenz- und Familiengründung. Und Zeit für Freizeitaktivitäten sollte auch noch bleiben. Neben diesen Tätigkeiten bleibt für die Dienste kaum Zeit. Ich muss leider feststellen, es gibt kaum junge Leute und kaum Frauen in unseren Reihen!
- Wären Frauen denn erwünscht? Ich dachte, die Bürgerwehr sei reine Männersache!
Ich kann mit zahlreichen Beispielen belegen, dass Frauen bei unserer Arbeit unentbehrlich sind. Nehmen wir z. B. den Verein in Tázlár! Da sind relativ viele aktive Frauen. Nicht nur als Frau eines Bürgerwehrmannes, sondern als Bürgerwehrfrau. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sie diszipliniert sind und sogar mehr Gefühl und „bessere Augen“ für den Wachdienst in der Nacht haben als die Männer!
- Wie kann man Mitglied eines Bürgerwehrvereins werden?
Man darf erst dann kandidieren, wenn man mindestens zwei Förderer / Bürgen im Verein hat, denn die Zusammenarbeit ist ja auch eine Vertrauenssache. Dann kommen Probemonate, der Kandidat macht Dienste am Tag und in der Nacht mit und hilft, wenn es nötig ist. Erst danach wird entschieden – sowohl vom Kandidaten selbst als auch von uns – ob er für den Dienst geeignet ist. Erforderlich sind dann noch ein polizeiliches Führungszeugnis und ein kurzer Lehrgang. Erst danach darf – muss! – er/sie Wachdienst leisten. Natürlich freiwillig und ohne Entgelt. So beginnt das Bürgerwehrleben.
- Was für Dienste hat ein Bürgerwehrmann zu leisten?
Patrouille an den Straßen der eigenen Siedlung, Wachtdienst bei den Veranstaltungen und Hilfe bei polizeilichen Maßnahmen. Diese kommen vor, wenn man z. B. einen Verdächtigen im Wald oder in den Einzelhöfen gefangen nehmen müsste. Aber es kam auch schon vor, dass Kinder sich in der Puszta verliefen, und dann musste man Feuerwehr, Bürgerwehr und andere Organisationen alarmieren. Da dieses Jahr Inlandstourismus wieder stärker zur Geltung kommt, soll man mit Gefahrsituationen wieder rechnen. Wie es zu den Massenveranstaltungen kommen wird, ist noch fragwürdig.
Lajos Káposzta